Warum ein echtes Lieferkettengesetz nötig ist
In allen unseren Medien stöhnen die Arbeitgeberverbände über das deutsche Lieferkettengesetz, das übermorgen in Kraft treten wird. Es ist etwas mehr als ein zahnloser Tiger aber es gibt noch viel Luft nach oben.
Es wird erstens nur wirklich große Betriebe betreffen und wie genau die Recherchen der Betriebe zu den Arbeitsbedingungen ihrer Zulieferer sein müssen ist schwammig. Spätestens bei den Zulieferern der Zulieferer wird es völlig nebulös. Streng sind erstmal nur die möglichen Strafen von bis zu 2% des Unternehmensumsatzes.
Betriebe, denen es wirklich weh tun würde, haben ihren Firmensitz sowieso in anderen Ländern der Welt. Werner Rügemer berichtet auf Gewerkschaftsforum.de über die Produktionsbedingungen bei der indischen Firma Foxconn in Indien, die für Apple produziert.
Apple's Technik ist meist doppelt so teuer
Daraus müsste man schließen, dass die Arbeitsbedingungen mindestens genauso gut (oder schlecht) sein sollten, wie bei der Konkurrenz. Für die von Apple ausgewählte Firma Foxconn sehen diese so aus:
- Foxconn ist der weltweit größte Organisator für kasernierte Niedrigstlohnarbeit.
- Die Arbeitszeit beträgt acht Stunden an sechs Tagen in der Woche, verteilt auf drei Schichten.
- Es gibt kein reguläres Arbeitsverhältnis, sondern einen jederzeit kündbaren Werkvertrag.
- Durch Subunternehmer werden aus armen ländlichen Gebieten gezielt junge Frauen angeworben.
- Jeweils bis zu zehn der Frauen werden in Massenunterkünften in Etagenbetten untergebracht.
- Die Wohnheime werden von Sicherheitsfirmen bewacht, der Ausgang ist kontrolliert.
- Der Stundenlohn beträgt 88 Cent.
- Foxconn behält davon bis zur Hälfte ein für Unterkunft, Essen, einen Mindestbetrag für Sozialversicherung und den Transport.
- Die Unterkünfte liegen oft bis zu 60 Kilometer von der Fabrik entfernt.
- Das bedeutet zusätzlich zu den 8 Stunden Arbeitszeit 2+2 Stunden Wegezeit.
Es ist klar, dass eine solche pysische und psychische Belastung nicht lange auszuhalten ist. "Verbrauchte" Arbeitskräfte werden aus dem Überangebot in Indien ersetzt. Trotzdem haben es tausende Frauen bei Foxconn im Dezember 2021 gewagt gegen die Arbeitsbedingungen zu protestierten. Sie blockierten stundenlang eine Autobahn zwischen Chennai und Bangalore. Das Entgegenkommen von Foxconn waren einige kleine Verbesserungen. So müssen die Frauen in den Unterkünften nicht mehr auf dem Boden schlafen, sie haben fließendes Wasser statt des Wassertanks im Hof bekommen. Würden tausende Apple-Kunden in einen Käuferstreik treten, würde sich die Arbeitsbedingungen wesentlich schneller verbessern!
Foxconn - (k)ein Einzelfall?
Ebenfalls interessant ist die Geschichte der Firma Foxconn, die unter dem bis 1987 geltenden Kriegsrecht auf Taiwan entstand und heute der weltweit größte Arbeitgeber kasernierter Leiharbeit ist (siehe im verlinkten Artikel). Seit den 1980er Jahren arbeitet Foxconn für Apple, Microsoft, Intel, u.a.Damals waren täglich drei bis vier Überstunden ohne Bezahlung üblich. Erst 1997 durfte der gewerkschaftliche Dachverband TCTU gegründet werden und erst 2000 wurde er staatlich anerkannt. Bei Foxconn ist sein Einfluss weiterhin gering, denn die Firma rühmt sich auch im Jahre 2022 öffentlich, im eigenen Unternehmen keine Gewerkschaft zu haben.
Dies gelingt auch durch den permanenten Wechsel der Beschäftigten und das Abschieben Älterer oder gesundheitlich Beeinträchtigter. Ein weiteres Merkmal ist die Durchmischung der Beschäftigten (zumindest auf Taiwan) durch Kontingente aus anderen Billiglohnländern, wie Vietnam, Philippinen, Thailand, Indonesien, Malaysia, die bei Problemen einfach wieder entsorgt werden können.
Mehr dazu bei https://gewerkschaftsforum.de/apple-zwangsarbeit-in-indien-mit-foxconn/#more-15426
und zu hören bei https://blackrocktribunal.de/vortraege-der-konferenz-2022
Kategorie[21]: Unsere Themen in der Presse Short-Link dieser Seite: a-fsa.de/d/3rC
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Erstellt: 2022-12-30 09:44:54 Aufrufe: 746
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