EuGH: Schiedsgerichte haben in Handelsabkommen zwischen EU-Staaten nichts verloren
Wir haben uns gefreut! Am 6. März hat der Europäische Gerichtshof geurteilt, dass Schiedsgerichte für Streitigkeiten zwischen EU-Staaten nicht zulässig sind. (Aktenzeichen C-284/16)
Das ist auch logisch, denn im EU-Binnenmarkt gilt Unionsrecht - und wir haben eine unabhängige Justiz und beliebig viele Regelungen und Gesetze. Deshalb sollen auch nur ordentliche Gerichte über solche Streitigkeiten befinden können. In den Außenbeziehungen von EU Staaten mit anderen kann dies (leider) weiterhin anders geregelt werden. Das CETA Abkommen ist durch das Urteil also nicht betroffen.
Wieder ein schönes Beispiel für die Gefahren solcher Schiedsgerichte: Inhaltlich ging es um die Klage eines niederländischen Versicherungskonzerns, der in der Slowakei seine Gewinnerwartungen durch ein neues Gesetz in der Slowakei geschmälert sah. Ein auf Grund der parlamentarischen Mehrheit zustande gekommenes Gesetz soll zu Gunsten eines ausländischen Konzerns mit Strafzahlungen belegt werden.
Was durch dieses Urteil nun besser werden kann und wo man es noch, zumindest argumentativ aber vielleicht auch juristisch, einsetzen kann, zeigt eine Einschätzung von Attac Berlin:
EuGH: Schiedsgerichte haben in Handelsabkommen zwischen EU-Staaten nichts verloren
Letzten Dienstag hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein bahnbrechendes Urteil gefällt: Schiedsgerichte haben in Handelsabkommen zwischen EU-Staaten nichts verloren!
Ein Rechtsgutachten im Auftrag des Umweltinstituts hatte bereits vor zwei Wochen darauf hingewiesen, dass der Vertrag über die Energiecharta mit dem EU-Recht nicht vereinbar ist. Er ist die Grundlage der Fünf-Milliarden-Euro-Klage von Vattenfall gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen des Atomausstiegs von 2011.
Das Urteil hat Konsequenzen für fast 200 innereuropäische Investitionsschutzabkommen. Wir fordern, dass diese nun unverzüglich gekündigt werden. Damit hätte die Paralleljustiz für Konzerne zum Schaden von Umwelt und Gesundheit ein Ende!
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) fällte ein bahnbrechendes Urteil: Die Schiedsklausel im Bilateralen Investitionsschutzabkommen zwischen den Niederlanden und der Slowakei ist nicht mit dem EU-Recht vereinbar. Die dort verankerten Schiedsgerichte zur Beilegung von Streitfällen zwischen ausländischen Unternehmen und nationalen Regierungen sind nach Ansicht des EuGH unzulässig. Das Urteil ist richtungsweisend, weil ähnliche Klauseln in fast 200 weiteren innereuropäischen Abkommen verankert sind.
Diese bilateralen Abkommen zum Schutz von Investitionen ausländischer Unternehmen mit ihren intransparenten Schiedsgerichten stehen seit einiger Zeit stark in der Kritik. Sie bewirken, dass Regierungen zunehmend davor
zurückschrecken, gemeinwohlorientierte Maßnahmen zum Schutz von Umwelt und Gesundheit umzusetzen. Werden dadurch nämlich zuvor von ausländischen Konzernen getätigte Investitionen wertlos, können diese das Land auf milliardenschwere Entschädigungszahlungen verklagen.
Rechtsgutachten: Energiecharta verstößt gegen EU-Recht
Erst vor zwei Wochen hat das Umweltinstitut München ein Rechtsgutachten veröffentlicht, das zeigt, dass auch der Vertrag über die Energiecharta gegen EU-Recht verstößt. Dieser ist die Grundlage der Fünf-Milliarden-Klage von Vattenfall gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen des Atomausstiegs von 2011. Das Urteil des EuGH stützt die Ergebnisse dieses Gutachtens und unterstreicht den Handlungsbedarf für die EU-Mitgliedsstaaten.
Die EU-Kommission fordert die Mitgliedsstaaten bereits seit Jahren auf, die Bilateralen Investitionsschutzabkommen zu beenden, weil sie sowohl unnötig als auch mit EU-Recht unvereinbar seien. Die Bundesrepublik gehört zu den wenigen verbliebenen Verfechtern der innereuropäischen Investitionsschutzabkommen.
Unrechtmäßige Abkommen jetzt kündigen!
Die heutige Entscheidung läutet das Ende der Paralleljustiz für Konzerne in Europa ein. Das ist ein toller Erfolg für unseren jahrelangen Protest gegen umwelt- und menschenverachtende Handelsabkommen! Die Energiecharta sowie alle Abkommen mit Schiedsklauseln innerhalb der EU müssen nun unverzüglich beendet werden. Italien ist mit gutem Beispiel vorangegangen und hat diese Abkommen inklusive der Energiecharta bereits gekündigt. Die Bundesregierung sollte nun nachziehen und sich darüber hinaus bei den Vertragspartnern dafür einsetzen, dass die sogenannten ‚Zombieklauseln‘ nicht zur Anwendung kommen. Diese regeln, dass die Abkommen bis zu 20 Jahre nach der Kündigung wirksam bleiben.
Mehr dazu bei http://www.zeit.de/wirtschaft/2018-03/eugh-urteil-schiedsklauseln-handelsstreit-eu-staaten
und https://www.attac-berlin.de
Kommentar: RE: 20180315 Schiedsgerichte innerhalb der EU sind unzulässig
Staaten verklagen ist für Konzerne ein lukratives Geschäft:
Mittlerweile wissen wir von mehr als 900 Konzernklagen. Allein der Energiekonzern Vattenfall fordert 5,7 Milliarden Euro als "Kompensation" für den Atomausstieg!
Bereits die Drohung mit Konzernklagen gefährdet die Demokratie. Regulierungen für Arbeitsrechte, Umweltschutz und Gesundheitsvorsorge werden unter diesen Bedingungen immer schwieriger zu realisieren.
Deutsche Konzerne sind weltweit mitverantwortlich für Menschenrechtsverletzungen. Die Betroffenen sind oft schutzlos. So hat das Landgericht Dortmund die Klage von Opfern eines Fabrikbrands in Pakistan gegen den Textilkonzern KiK abgewiesen. Gerechter Welthandel geht anders!
Menschenrechte müssen durchsetzbar werden und Vorrang vor Konzerninteressen haben!
Jonas, 22.03.2018 17:28
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Tags: #EuGH #Schiedsgerichte #Freihandel #CETA #Zensur #Informationsfreiheit #Grundrechte #Menschenrechte #soziales #Gewerkschaft #Mitbestimmung #Koalitionsfreiheit
Erstellt: 2018-03-15 09:31:04 Aufrufe: 1575
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