04.02.2023 Schulpflicht für alle durchsetzen!

Bildungschancen Geflüchteter werden gravierend vernachlässigt

Mehr als 1000 LehrerInnen fehlen in Berlin. Das hat für viele Schülerinnen und Schüler zur Folge, dass die Klassenstärke statt endlich gesenkt, diese erhöht wird. Ständig kommt es darüber hinaus zu Stundenausfällen.

Doch für viele Kinder von Geflüchteten ist die Situation noch viel gravierender. Sie sind oft über Monate von der grundgesetzlich garantierten Schulpflicht ausgenommen. Deshalb ruft der Flüchtlingsrat Berlin zu einer Protestkundgebung auf:

Kommt zur Schultüten-Aktion am 6.2.23, 11-13 Uhr
vor der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie,
Bernhard-Weiß-Straße 6, 10178 Berlin.

Für das Recht auf Bildung für alle.

Der Flüchtlingsrat stellt fest:

Trotz der im Schulgesetz verankerten Schulpflicht und dem Recht auf Schule [1] ab dem ersten Tag nach dem Ankommen, warten offiziell [2] ca 1500 schulpflichtige Kinder und Jugendliche häufig seit mehreren Monaten auf einen Schulplatz in einer Willkommensklasse. Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher sein, da gar nicht alle schulpflichtigen geflüchteten Kinder bereits registriert sind, wie z.B. im Hangar Tempelhof, im Ankunftszentrum Reinickendorf oder im Ankunftszentrum auf dem Flughafen Tegel.

Das Problem besteht seit Jahren und hat sich in den letzten Monaten weiter verschärft. Wir können nicht hinnehmen, dass das Recht auf Bildung von geflüchteten Kindern permanent verletzt wird. Darum protestieren wir mit Kindern und ihren Eltern am 6. Februar vor der Senatsbildungsverwaltung und fordern Schulsenatorin Astrid-Sabine Busse auf, die zeitnahe Beschulung aller Kinder im schulfähigen Alter sicherzustellen.

Zum Hintergrund

Nach wir vor gibt es weder auf Bezirks- noch auf Landesebene ein flächendeckendes Konzept für die Beschulung geflüchteter Kinder und Jugendlicher, welches den besonderen Herausforderungen wie der Fluktuation, sprachlichen Hürden und durch die langen Fluchtwege unterbrochenen Bildungsbiografien gerecht wird. Obwohl die Besonderheiten bei der Beschulung dieser Gruppe seit Jahrzenten bekannt sind, ebenso wie die starke Fluktuation bei den Asylzuzugszahlen, agiert die Senatsbildungsverwaltung immer wieder aufs Neue im Katastrophenmodus. Die Folge sind lange Wartelisten, monatelange Nichtbeschulung, Lagerschulen (also Unterricht in der Massenunterkunft statt in Regelschulen) oder Schulersatzprogramme.

Häufig hängt es vom Good-Will der Schulen oder Schulleiter:innen ab, ob eine Willkommensklasse eingerichtet wird oder nicht. Selbst wenn dies geschieht, verweilen geflüchtete Kinder und Jugendliche i.d.R. viel zu lange in diesen „Deutschlernklassen“, in denen es so gut wie keinen Fachunterricht gibt. Außerdem verletzt die Senatsbildungsverwaltung regelmäßig nicht nur das Recht auf Bildung, sondern auch die Schulpflicht, die in Berlin laut Schulgesetz 10 Jahre beträgt, [3] und erklärt diese für Jugendliche ab 16 Jahren für beendet. Viele geflüchtete 16-jährige Jugendliche konnten aber in ihren Herkunftsländern oder auf ihrer Flucht mehrere Jahre keine Schule besuchen und erfüllen die 10 Jahre Schulpflicht mitnichten.

Die Politik der Schlechterstellung geflüchteter Schüler:innen beeinträchtigt massiv deren Bildungsbiografien, Zukunftsperspektiven und somit zukünftige Ausbildungs-, Studiums und Arbeitsmöglichkeiten.

  • Wir fordern das Recht auf Schule für alle Kinder und Jugendliche in Berlin. Schulersetzende Maßnahmen sind keine Alternative und dürfen erst recht nicht verstetigt werden.
  • Wir fordern ein langfristiges flächendeckendes Konzept zur Beschulung geflüchteter Kinder und Jugendlicher in Berlin, das alle Schulen in die Verantwortung nimmt und flexibel auf schwankende Zuzugszahlen reagieren kann.
  • Wir fordern kreative Konzepte, um das Recht auf Schule für geflüchtete Kindern und Jugendliche von Anfang an sicherzustellen, wie die Akquise neuer Schulgebäude, Anwerben (pensionierter oder anders, bspw. DaZ/DaF qualifizierter) Lehrkräfte oder „Staffelunterricht“ über den Tag verteilt.
  • Wir fordern die Einhaltung des Rechts auf Bildung für alle und insbesondere der 10-jährigen Schulpflicht für alle, die in der Regel bei Geflüchteten nicht mit dem 16. Lebensjahr beendet ist.

[1] UN-Kinderrechtskonvention, Artikel 28 und Berliner Schulgesetz §2
[2] Parlamentarische Anfrage 19/13794, Frage 5, https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-13794.pdf
[3] Berliner Schulgesetzt § 42, Abs. 4

Mehr dazu bei fluechtlingsrat-berlin.de
und die Pressemitteilung des Flüchtlingsrats als PDF 20230203PM_SchuleFuerAlle.pdf


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Erstellt: 2023-02-04 09:52:35
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