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24.07.2018 Bundespolizei zur Gesichterkennung am Bahnhof Südkreuz

Erste Antworten auf unseren Fragen- und Forderungskatalog zum "Verunsicherungsbahnhof" Berlin Südkreuz

Im April hatten wir den Projektverantwortlichen für die Gesichtserkennung am Bahnhof Südkreuz einen Fragen- und Forderungkatalog zugeschickt und nun eine Antwort erhalten.

Auch wenn wir nicht erwartet hatten, dass alle unsere Fragen beantwortet werden, so hatten wir doch gedacht, dass unsere Bedenken ernster genommen werden. Trotzdem möchten wir die Antworten an dieser Stelle veröffentlichen, denn sie zeigen, wie weit die Verantwortlichen von den Sorgen der Menschen entfernt sind.

Wir bitten alle, die sich mit dem Projekt beschäftigen, uns Hinweise zu geben, ob eventuell Antworten zwischen den Zeilen versteckt sind, die wir überlesen haben. Insbesondere sind wir unsicher, ob mit dem Eingangssatz unsere Rechte aus einer Informationsfreiheitsanzeige entwertet werden. Hier kann uns nur ein Jurist helfen.

Wir werden, die für uns noch offenen Fragen erneut stellen und dann darüber berichten. Was jetzt feststeht ist, dass es ein Folgeprojekt geben wir, welches der Objekterkennung dienen soll. Damit sollen einsame Gepächstücke identifiziert, Personen im Gleis erkannt und "seltsames Verhalten" diagnostiziert werden.


Bundespolizeidirektion Berlin 

 An
Aktion Freiheit statt Angst e. V.
Rochstrasse 3, 10178 Berlin 

Berlin, 16. Juli 2018 

BETREFF Pilotprojekt „Sicherheitsbahnhof Berlin Südkreuz“ Ihre Anfrage vom 7. Mai 2018

Sehr geehrte ..., 
vielen Dank für Ihre an das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gerichtete Anfrage vom 7. Mai 2018, die als Bürgeranfrage gewertet wird und deren Beantwortung zuständigkeitshalber von hier aus erfolgt. Ihre Fragen beantworte ich zusammengefasst wie folgt:

Allgemeines zum Projekt „Sicherheitsbahnhof Berlin Südkreuz“ 

Im Rahmen des gemeinsamen Pilotprojekts „Sicherheitsbahnhof Berlin Südkreuz“ haben sich das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, das Bundeskriminalamt, die Deutsche Bahn AG und die Bundespolizei auf die Durchführung von zwei separat zu erprobenden Teilprojekten am Bahnhof Südkreuz verständigt. In dem ersten Teilprojekt testet die Bundespolizei seit dem 1. August 2017 für einen Zeitraum von mittlerweile zwölf Monaten Systeme zur automatisierten Gesichtserkennung. In einem zweiten, von den Projektpartnern Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, das Bundeskriminalamt, Deutscher Bahn AG und der Bundespolizei in gemeinsamer Verantwortung unter Federführung der Deutschen Bahn AG durchgeführten Teilprojekt soll ein intelligentes Videoanalysesystem für die Behandlung und Funktionszeit Auswertung verschiedener Gefahrenszenarien erprobt werden. Dabei sollen u.a. Gefahrensituationen wie das Erkennen hilfloser Personen oder stehengelassener Gegenstände automatisiert erkannt und gemeldet werden. Das zweite Teilprojekt befindet sich aktuell in der Vorbereitung. 

Ziel der Erprobung des Teilprojektes 1 ist es, die technische Funktionalität und Zuverlässigke it aktueller Gesichtserkennungssysteme in Verbindung mit der vorhandenen Kameratechnik am Bahnhof Südkreuz zu erheben. 

Der Testversuch wird ausschließlich mit Freiwilligen durchgeführt. Die Bundespolizeidirekt io n Berlin warb hierfür 300 Personen, vornehmlich Berufspendler, an. Es konnte sich jede volljährige Person melden, die den Bahnhof Berlin Südkreuz im Testzeitraum regelmäßig nutzt, so dass ein "Spiegelbild" der Reisenden im Rahmen des Pilotprojektes abgebildet wird. Von den 300 Freiwilligen wurden Lichtbilder gefertigt und in eine eigens für den Testbetrieb erstellte Datenbank eingepflegt (gute Qualität der Fotos in der Referenzdatenbank). Die softwarebasierten Systeme dreier unterschiedlicher Hersteller nutzen die am Bahnhof Südkreuz bereits vorhandene moderne Videotechnik und gleichen die Gesichter mit der erstellten Datenbank der 300 Freiwilligen ab. Bei diesem Vorgang werden zunächst charakteristische Merkmale eines Gesichtes zu einem Template (Schablone) erfasst, zum Beispiel der Augenabstand, der Abstand zwischen Nase und Kinn oder die Nasenlänge. Die Software berechnet mit Algorithmen einen individuellen Wert und vergleicht diesen mit den in der Datenbank hinterlegten Werten der Testpersonen. Sobald der erfasste Rechenwert mit den hinterlegten Formeln zu einem bestimmten (hohen) Prozentsatz identisch ist, meldet das System einen Treffer. Falls nicht, wird der Vorgang sofort gelöscht. 

Die freiwilligen Personen tragen Transponder bei sich, die signalisieren, wann genau die jeweilige Person welchen Testbereich durchlaufen hat. 

Um die Gesichtserkennungstechnik praxisnah zu erproben, wurden in der 2. Testphase statt Bildern in Studioqualität Gesichtsbilder der Probanden aus dem Videostrom verwendet. Es fand also keine künstliche Verschlechterung statt, die schlechtere Qualität ergibt sich automatisch aus der Art der Erfassung der Bilder. Die zweite Testphase des Teilprojektes 1 endet am 31. Juli 2018. 

Technische Umsetzung 

Gesichtserkennungssysteme
Mit der Auswahl der drei Systeme zur Gesichtserkennung wurde aus hiesiger Sicht ein repräsentativer Ausschnitt der am Markt befindlichen Algorithmen getroffen:SEITE 3 VON 5 - IDEMIA Identity & Security Germany AG (vormals L1 Identity Solutions AG) Das Unternehmen gehört zum französischen IDEMIA Konzern. IDEMIA Germany ist ein führender Anbieter von Technologien, Produkten und Lösungen zur Personenidentifikation.

- DELL EMC 
Die Firma vertreibt das spanische Gesichtserkennungssystem der Firma Herta Security mit Sitz in Barcelona und hat mit dem Hersteller einen Hardwarekooperationsvertrag. EMC verfügt über ein breites Angebot an Systemen, Software und Services sowie die Fähigkeit, vollständig integrierte Lösungen zu schaffen. 

- Elbex 
Die Firma ist der Alleinvertriebspartner des Produkts Anyvision Face Recognition in Europa für den deutschsprachigen Raum. Hersteller der Software ist die israelische Firma Anyvision Face Recognition.  Die Software Anyvision Face Recognition soll neben der Echtzeiterkennung auch die forensische Suche in vorhandenen Videoaufzeichnungen beherrschen. 

Transpondertechnik

- Roth IKT 
Die Firma, die die Transpondertechnik geliefert hat, ist eine IT-Consulting Firma aus München, die Auftragsentwicklungen von speziellen IT-Systemen nach Nutzervor-gaben durchführt. Die Firma ist im Bereich von Ingenieursdienstleistungen der Elektronik und Informatik tätig. 

Technischer Datenschutz 
Die erhobenen Daten werden von den erzeugenden Gesichtserkennungssystemen aufgezeichnet, an einen mobilen Datenträger weitergeleitet und schließlich auf dem bundespolizeieigenen Validierungssystem gespeichert. Die bereits validierten Daten werden in anonymisierter Form an das bundespolizeieigene statistische Auswertesystem übertragen. Eine Endspeicherung und Weiterverarbeitung der erhobenen Daten durch die von den benannten Unternehmen zur Verfügung gestellten Gesichtserkennungssysteme erfolgt nicht. Auch eine Überlassung der Daten nach Ende der Erprobung an die verschiedenen Hersteller findet nicht statt. Von den Gesichtserkennungssystemen werden das Trefferbild, die vierstellige Person-ID (für jede an dem Projekt freiwillig teilnehmende Person wurde eine solche vergeben), der Zeitpunkt, die Kamerakennung sowie die Genauigkeit des Treffers aufgenommen und wie oben beschrieben weitergeleitet und gespeichert. 

Alle drei Systeme arbeiten dabei voneinander unabhängig. Die erzeugten Logdateien und die dazugehörigen Trefferbilder werden manuell durch Entfernen der Dateien und Ordner von den Systemen gelöscht. Die Löschung erfolgt regelmäßig im Wochenrhythmus. Alle Dateien werden spätestens nach 30 Tagen gelöscht. Die Löschfrist orientiert sich dabei an den gesetzlichen Vorgaben des § 27 S. 3 i.v.m. S. 1 Nr. 2 Bundespolizeigesetz. 

Der direkte Umgang mit den personenbezogenen Daten bei deren Erhebung und Speicherung ist nur den dazu befugten Angehörigen der Bundespolizei möglich. Lediglich zur initialen Erfassung der Gesichtsbilder der Probanden in den Referenzdatenbanken der Gesichtserkennungssysteme haben Mitarbeiter der Systemlieferanten unter Aufsicht der Bundespolizeiangehörigen die pseudonymisierten Bilddaten in die Systeme eingespielt. 

Die aufgezeichneten Videodaten werden nicht nachträglich mit automatischer biometrischer Gesichtserkennung untersucht. Sie werden lediglich zum Zweck der Validierung durch eine Auswerteperson für einen Abgleich mit den Logdateien des Transpondersystems gesichtet. Dieser Schritt ist notwendig, um die falsch-negativen Ereignisse festzustellen Die Gesichtserkennungssysteme selbst wurden durch die Hersteller im Rahmen der Wartung regelmäßigen Aktualisierungen, u.a. durch Einspielen von Sicherheitsupdates, unterzogen. Dabei wurden naturgemäß auch Programme, die für die Gesichtserkennung relevant sind, ausgetauscht. Grundlegende Änderungen der Algorithmen fanden dabei nicht statt. 

Materieller Datenschutz 
Der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit wurde - wie auch der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit - im Rahmen eines Informationsgesprächs am 23. März 2017 durch das Bundesministerium des Innern, das Bundeskriminalamt, die Deutsche Bahn AG und die Bundespolizei das beabsichtigte Vorhaben und der aktuelle Sachstand vorgestellt. Im Anschluss wurde eine gemeinsame Begehung des Bahnhofs Berlin Südkreuz durchgeführt. 

Die Rechtsgrundlage für die Durchführung des Projektes „Sicherheitsbahnhof Berlin Südkreuz“ ergibt sich aus § 27 I Nr. 2 Bundespolizeigesetz (BPolG). 

Der "Gesichtserkennungs-"/"Nichterkennungsbereich" im Bahnhof Berlin Südkreuz ist entsprechend markiert, so dass Reisende, welche den Gesichtserkennungsbereich/ Erfassungsbereich intelligenter Videoanalysetechnik nicht betreten möchten, diesem leicht ausweichen können. Daten von Personen, die nicht zum Probandenkreis gehören, werden lediglich im Rahmen der allgemeinen Videoüberwachung auf dem Bahnhof Berlin Südkreuz temporär gespeichert. Somit erfolgt im Rahmen der Gesichtserkennung keine Speicherung unbeteiligter Personen.  Die Löschung der personenbezogenen Daten der Freiwilligen erfolgt nach der Erprobung und Abschluss der Auswertung. 

Erste Zwischenbilanz 
Die im Test eingesetzten drei Systeme zur Gesichtserkennung funktionieren nach einer ersten Zwischenbilanz vollumfänglich in dem für den Test festgeschriebenem Maße, das heißt, sie detektieren und erkennen die Testpersonen in allen drei örtlich festgelegten Erkennungsbere ichen innerhalb der Teststrecke. Die bislang pilotierte Erkennungsquote deutet einen Erfolg an. Ihre Deutung der Aussage des Herrn Innenminister a.D. Thomas de Maizière zu den Erkennungsraten ist unzutreffend. Möglicherweise resultieren aus diesem Unverständnis der elementaren Grundlagen der biometrischen Verfahren falsche Annahmen zu den befürchteten Folgen der Gesichtserkennungstechnik. 

Ergänzende Information 
Eine Korrektklassifikationsrate (auch als Trefferrate oder Trefferquote bekannt) von z.B. 70% bedeutet, dass von 100 Personen, die in der Referenzdatenbank gespeichert sind und dem Klassifikationstest unterzogen werden ("den Kamerabereich passieren"), 70 korrekt positiv klassifiziert werden ("werden erkannt"). Die restlichen 30 passieren unerkannt. Dies Korrektklassifikationsrate lässt noch keinerlei Aussage zu der Anzahl oder Rate von Falschklassifikationsereignissen (auch als Falsch-positiv-rate oder Falschtrefferrate bekannt) zu. Erst wenn die Falschklassifikationsrate sowie die Gesamtanzahl der Personen, die dem Klassifikationstest unterzogen werden, bekannt ist, können Aussagen zu der Anzahl der falsch-positiv Treffern gemacht werden. Die Falschklassifikationsrate ist der Quotient der falsch-positiv Ereignisse zu der Gesamtanzahl der nicht in der Referenzdatenbank enthaltenen Personen, die dem Klassifikationstest unterzogen wurden. Wenn die Falschtrefferrate 0,2 % beträgt und der durch die Gesichtserkennungskamera überwachte Bereich an einem Tag von 1000 nicht in der Referenzdatenbank gespeicherten Personen durchschritten wird, werden 2 Personen fälschlicherweise als Treffer von dem System gemeldet. 

Intelligente Videotechnik kann dabei helfen, Gefahrensituationen frühzeitig zu erkennen, einzuschätzen und darauf ein zielgerichtetes Handeln, u.a. durch Heranführen von Einsatzkräften, zu ermöglichen. Die heute bereits verwendeten Videoanlagen unterstützen die polizeiliche Arbeit und stellen somit eine wertvolle Ergänzung für die bundespolizeiliche Aufgabenerfüllung dar. 

Mit freundlichen Grüßen 
PHK L. 
Dieses Dokument wurde elektronisch versandt und ist im Entwurf unterzeichnet

Mehr dazu in unserem Fragen- und Forderungskatalog https://www.aktion-freiheitstattangst.org/de/articles/6470-20180507-fragen-und-forderungskatalog-zum-pilotprojekt-suedkreuz.htm
und https://www.aktion-freiheitstattangst.org/de/articles/6506-20180604-seehofers-sued-kreuz.htm
und https://www.aktion-freiheitstattangst.org/de/articles/6104-20170801-buergerfahndung-suedkreuz.htm
und https://www.aktion-freiheitstattangst.org/de/articles/6261-20171119-gegen-den-verunsicherungsbahnhof-suedkreuz.htm
und wir möchten auf eine Sendung des ARD Mittagsmagazins am Di., den 31.7. 13h mit dem Schwerpunktthema Videoüberwachung auch am Bahnhof Südkreuz hinweisen https://www.aktion-freiheitstattangst.org/rft/1695-2018073113.htm


Kategorie[26]: Verbraucher- & ArbeitnehmerInnen-Datenschutz Short-Link dieser Seite: a-fsa.de/d/2Wv
Link zu dieser Seite: https://www.aktion-freiheitstattangst.org/de/articles/6568-20180724-bundespolizei-zur-gesichterkennung-am-bahnhof-suedkreuz-.htm
Link im Tor-Netzwerk: nnksciarbrfsg3ud.onion/de/articles/6568-20180724-bundespolizei-zur-gesichterkennung-am-bahnhof-suedkreuz-.htm
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Erstellt: 2018-07-24 17:40:41
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