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"Sicherheitsnovelle" soll einschüchternd wirken
Gestern gab es im Potsdamer Landtag eine Anhörung zu dem geplanten neuen Polizeigesetz für Brandenburg. Aktion Freiheit statt Angst ist Teil des Bündnisses gegen dieses Gesetz und war auch am 10.11. bei der Demo dagegen dabei.
Die Landesregierung in Bayern hat vorgemacht, wie schnell Grundrechte mit einem Polizeigesetz grundlegend in Frage gestellt werden können. Nun plant neben anderen Landesregierungen auch noch eine rot-rote Landesregierung in Brandenburg ein reaktionäres Polizeigesetz. Die erste Lesung dazu hatte Mitte November stattgefunden..
Vor dem Ausschuss für Inneres und Kommunales wurden gestern zu den Gesetzentwürfen der Landesregierung und der CDU Opposition Gutachten von diesen Vertretern und Sachverständigen angehört:
- Prof. Dr. Clemens Arzt, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
- Prof. Dr. Thomas Bode, BDK-Landesverband Brandenburg
- Dr. Ulf Buermeyer, Gesellschaft für Freiheitsrechte e. V.
- Jörg Göhring, Gewerkschaft der Polizei Landesbezirk Brandenburg
- Dagmar Hartge, Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht Brandenburg
- Klaus Kandt, Polizeipräsident in Berlin a. D.
- Prof. Dr. Guido Kirchhoff, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
- Dr. Nils Kößler, Landespolizeipräsidium Hessen
- Prof. Dr. Fredrik Roggan, Fachhochschule der Polizei Brandenburg
Mit Prof. Dr. Clemens Arzt gibt es dazu ein ausführliches Interview im bento-Blog. Er macht auch darin deutlich, dass er viele Regelungen im Gesetzentwurf für bedenklich hält. Insbesondere wendete er sich dagegen, dass die Polizei künftig Menschen für Wochen und Monate dazu zwingen könnte, ihren Wohnort oder auch Stadtteil nicht mehr zu verlassen. Wer dagegen verstößt, kann mit Gefängnis bestraft werden. Das gab es bisher mit Ausnahme von Baden-Württemberg nicht im deutschen Polizeirecht.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Schleierfahnung. Als Schleierfahndung werden anlasslose Kontrollen durch die Polizei bezeichnet. So dürfen Personen kontrolliert und teilweise durchsucht werden, auch wenn es keinen Verdacht gegen sie gibt. Kritiker bemängeln neben dem Grundrechtseingriff eine sehr niedrige Trefferquote bei der Schleierfahndung. Es geht also scheinbar nicht um (die nicht vorhandenen) Fahndungserfolge sondern lediglich um Einschüchterung.
Er sieht die neuen Polizeigesetze auch als Entsprechung zu den politischen Entwicklungen in Polen und Ungarn. Der Staat wird autoritärer und sammelt die Macht. Das ist ein Angriff auf den Rechtsstaat.
Das Bündnis gegen das Brandenburger Polizeigesetz stellt dazu nach der Anhörung fest:
Aktive des Bündnisses gegen das neue Brandenburger Polizeigesetz verfolgten die heutige Innenausschusssitzung zum neuen Polizeigesetzesvorhaben. Die Anhörung der geladenen Sachverständigen offenbarte die teils mangelhafte und mutmaßlich verfassungswidrige Ausarbeitung der Polizeigesetzesverschärfungen.
Die Diskussion zeigte deutlich, dass das Gesetzesvorhaben weit davon entfernt ist, zur Abstimmung gestellt zu werden.
Weiterhin wurde eine Auseinandersetzung mit der grundsätzlichen Notwendigkeit der Gesetzesänderung aus gesellschaftlicher Perspektive ausgeblendet. Dies war schon von Vornherein durch die Auswahl der Sachverständigen, die allesamt einen rechtswissenschaftlichen oder polizeilichen Hintergrund hatten, ausgeschlossen.
Eine Auswahl der Kritikpunkte des Bündnisses gegen das neue Brandenburger Polizeigesetz wurden vom Kreis der Sachverständigen geteilt:
So wurde darauf hingewiesen, dass in der Praxis richterliche Vorbehalte selten zu einer Ablehnung von polizeilichen Maßnahmen durch Richter*innen führen: So ist der Schutz vor unverhältnismäßigen Eingriffen in Grundrechte mittels richterlichen Vorbehalt unwahrscheinlich.
Die geplante Quellen-TKÜ bei Verwendung von Staatstrojanern ist laut fast allen Sachverständigen technisch nicht rechtssicher umsetzbar. Prof Dr. Buermeyer wies daneben deutlich auf die Kollateralschäden durch das Aufrechterhalten von IT-Sicherheitslücken hin.
Heimliche Wohnungsdurchsuchungen wurden als ein „Dammbruch" in der Geschichte der Polizeigesetze bezeichnet. Während herkömmliche Hausdurchsuchungen bereits massiv in die Privatsphäre eingreifen, nehmen heimliche Hausdurchsuchungen - die von den Sachverständigen mit Einbrüchen verglichen wurden - jegliche Möglichkeit für die Betroffenen, ihre Rechte geltend zu machen. Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Arzt bestätigte die Kritik des Bündnisses an präventiven Meldeauflagen, die unverhältnismäßig in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit sowie die Freizügigkeit eingreifen. Meldeauflagen werden unabhängig der vermeintlichen Terrorabwehr geplant.
#noPolGBbg
Mehr dazu bei https://www.bento.de/politik/polizeigesetze-warum-verschaerfen-derzeit-fast-alle-bundeslaender-ihre-gesetze-a-6b55519e-b73b-435b-93c9-2856c2dfdd14
und https://www.landtag.brandenburg.de/de/parlament/ausschuesse_und_gremien/fachausschuesse/anhoerungen_/_fachgespraeche_im_ausschuss_fuer_inneres_und_kommunales/anhoerung_zur_aenderung_des_brandenburgischen_polizeigesetzes_(09.01.2019)/892181
und http://www.maz-online.de/Brandenburg/Streit-um-innere-Sicherheit-Das-steht-im-neuen-Brandenburger-Polizeigesetz
und die Gesetzentwürfe der Landesregierung, Drucksache 6/9821 und Gesetzentwurf der CDU-Fraktion, Drucksache 6/9828).
Kommentar: RE: 20190110 Anhörung zum Brandenburger Polizeigesetz
In Berlin sieht es z.Zt. noch besser aus:
Der Landesvorstand der Linken beschloss jetzt einstimmig, „jede Verschärfung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG) abzulehnen“.
Das gelte insbesondere für „immer umfassendere Überwachungskompetenzen in allen Lebensbereichen“ und eine weitere „Vorverlagerung der polizeilichen Eingriffsschwelle“
https://www.tagesspiegel.de/berlin/schutz-vor-terroranschlaegen-linke-blockiert-neues-polizeigesetz-fuer-berlin/23852096.html
Samuel, 11.01.2019 09:11
Category[21]: Unsere Themen in der Presse Short-Link to this page: a-fsa.de/e/2ZF
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Created: 2019-01-10 09:36:30
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