Wann ist es zu spät?
Bis zu welchem Zeitpunkt ist eine faschistische Machtübernahme noch abzuwenden? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Debatte des Grundrechtekomitees zum AfD Verbot. "Es besteht die reale Gefahr, dass Landes- oder Bundesregierungen unter Beteiligung einer AfD, die von extrem rechten Kräften dominiert wird, einen faschistischen Umbau der deutschen Gesellschaft einleiten könnten" schreibt das Grundrechtekomitee.
Historisch wissen wir, dass es ein Zeitpunkt vor dem 31.1.33 hätte sein müssen. Als im Februar 33 Abgeordnete von KPD und SPD willkürlich verhaftet wurden, war nicht mal eine Sperrminorität mehr im Reichstag vertreten. Nach dem Reichstagsbrand am 28.2. waren die Medien am Kochen und der Terror auf der Straße. In seinem Newsletter schreibt uns das Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.:
Wir beschäftigen uns seit geraumer Zeit mit der Frage nach einem AfD-Verbot und haben uns in den letzten Monaten insbesondere mit den Risiken einer Verbotskampagne auseinander gesetzt. Wir erinnern an unseren Text vom Februar, der sowohl Pro-Argumente als auch Contra-Argumente zusammenfasste. Aus emanzipatorischer Sicht sprechen gute Gründe dagegen und einige Gründe dafür.
Uns fehlte in den öffentlichen Diskussionen der letzten Monate eine kritische Befassung mit den Begriffen der freiheitlich demokratischen Grundordnung (FdGO) und der wehrhaften Demokratie, sowie der Rolle des Verfassungsschutzes in der ganzen Verbotsdebatte. Dies hat unsere politische Referentin Michèle Winkler im Lichte der angelaufenen Kampagne "Menschenwürde verteidigen – AfD-Verbot jetzt!" nachgeholt.
Wir planen zudem mit unseren Kolleg*innen des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV) eine zweiteilige Online-Veranstaltungsreihe, um die Diskussion um ein AfD-Verbot öffentlich weiterzuführen. Am 1. Oktober wollen wir zunächst über die demokratie-theoretischen Implikationen eines AfD-Verbots sprechen. Am 31. Oktober sollen Erwägungen aus antirassistischer Sicht im Mittelpunkt stehen. Wir laden zu beiden Veranstaltungen nochmal gesondert ein, Details finden sich bald auf unserer Webseite.
Trotz der schlimmen Ereignisse der letzten Tage und Wochen: Lasst euch nicht entmutigen! Wenn wir zusammen halten und füreinander einstehen, geht es weiter.
Komitee für Grundrechte und Demokratie
Aquinostraße 7-11
50670 Köln
Mehr dazu bei https://www.grundrechtekomitee.de/details/afdverbotsdebatte
Kommentar: RE: 20240904 AfD-Verbot - ja oder nein?
bin ich wahrscheinlich einfach nur maßlos enttäuscht davon, wie die demokratischen Parteien offensichtlich seit 5+ Jahren (vielleicht sogar seit 30 Jahren - taz.de/Rechte-Wahlergebnisse-s… ) diese Entwicklung beobachten und augenscheinlich keinerlei Idee oder Strategie haben, wie sie dem entgegenwirken können.
.... versteh ich total . Allerdings, wenn man genau hinguckt sieht man sehr genau, wie die Saat die bereits Helmut Kohls CDU damals gesät hat, heute aufgeht. Das war wohl das was er sich unter "blühenden" Landschaften vorgestellt hat ...
Erinnerst du dich an die Pogromstimmungen von Hoyerswerda und Rostock Lichtenhagen ? Spätestens da fing das doch an - und die Medien haben es zu entschuldigen und teilweise noch schönzureden versucht. Damals hat die CDU schon (erfolgreich) alles dafür getan das Asylrecht auszuhebeln und die jungen Nazis kamen da gerade recht.
Das Nationalistische wurde in all den Jahren permanent befeuert und wenn du Dir anschaust, was medial in der ganzen Zeit gelaufen ist, brauchst du sich nicht wundern... ES wurde doch ohne unterlass heraufbeschworen.
Bleibt wirklich die beste, die einzige Idee, die wir dagegen haben, das Fingerzeigen hin zum Wähler?
nein und ja
Ich frag mich halt : Wie kann mensch sich denn so verarschen lassen ? Wie kann mensch sich so manipulieren lassen ? Haben die wirklich so gar nix in der Birne? Kein Fünkchen Selbtsachtung ? Klar - Unzufriedenheit mit den bestehenden Verhältnissen kann ich absolut verstehen - aber wissentlich Faschisten wählen , die am Ende eine Politik gegen sie machen - warum ? Glauben die Leute wirklich die Heilsversprechen ? Sind die echt so hohl ?
Was ist in der Bildung und in den Medien schief gelaufen ? Wer treibt die Kälber aufs Schafott ? Wo sind denn die Werte von Selbst- und Mitbestimmung und Solidarität hingekommen ?
ich hab auch parteipolitische Arbeit geleistet und dort selbst schmerzhaft erfahren, wie unfassbar schwierig - nicht zu sagen aussichtslos - es ist, in diesen etablierten Strukturen irgendein Thema intern zu bewegen. Da reden wir noch über das Innenverhältnis von Parteien, nicht über Wähler, die “außerhalb” stehen ...
auch das kann ich sehr gut nachvollziehen. Da musst du noch nichtmal auf Parteienebene tätig sein - es reicht schon ein ganz banales Ehrenamt auf kommunaler Ebene ... seufz
es ist einfach so unendlich deprimierend ...
sorry fürs abkotzen ;-)
An., 02.09.24 18:22
Kommentar: RE: 20240904 AfD-Verbot - ja oder nein?
Ja... überall. Leider. Ich hab wenig hinzuzufügen, außer...: Ich hab im Umfeld einige Menschen, von denen ich vermute, Blau gewählt zu haben. Das sind keine Idioten, keine stumpfe Populisten, keine rabiaten Rechtsaußen-Befürworter. Das sind Generationen 60+, teilweise 70+, mit DDR-Sozialisierung. Das sind Menschen, die relevante Zeit in ihrem Leben gewohnt waren, dem Staat eher zu misstrauen, davon auszugehen, dass der Staat nicht ihr Bestes will. Die haben in den letzten Jahren erlebt, wie in der Corona-Pandemie relativ schnell auch seriöse Kritiker, die berchtigte Punkte vorgetragen haben, in einen Topf mit brüllenden Spinnern geworfen und damit als nicht diskursfähig, nicht respektbedürftig/-würdig abgestempelt wurden. Die haben erlebt, wie der Ukraine-Krieg eskaliert ist, wie plötzlich in Hinterzimmern in den USA über Neu-Stationierung von Mittelstreckenraketen gesprochen wird, vorbei an jedem parlamentarischem Diskurs. Die haben erlebt, wie selbst die europäische Linke über Imperialismus auch des Westens im Ukraine-Krieg spricht - und in Deutschland zumindest die Presse manche Differenzierung vermissen lässt. Das alles lässt dieses vage Gefühl wieder aufkommen, dass dem Staat eher zu misstrauen ist, und dort haben die Populisten leichtes Spiel. Noch schlimmer: Das ist ein Schaden, der extrem schwer einzufangen ist, und ein Argument, das überall funktioniert. Mit dem Ansatz "misstraut dem Staat, der will Euch nix Gutes" lässt sich quasi alles begründen, wie wir auch gestern gehört haben (durch Jörg Urban, der Kritik von Vereinen, Gewerkschaften, Verbänden, ... pauschal als Gefallensleistung von Strukturen weggewischt hat, die ja eh "staatlich finanziert" sind).
Hier ... wäre eben eine Gegenrichtung erforderlich. Dringendst. Dieses Vertrauen muss irgendwie wiederhergestellt werden. Strenggenommen müssten dazu sofort alle Politiker, die irgendwie in Verantwortung sind, sich den Menschen stellen, müssten kritische Themen einsammeln, müssten den Menschen auch das Gefühl geben, nicht nur gehört zu werden, sondern auch irgendwann Effekte zu sehen. Das wäre die klare Erwartungshaltung. Aber das wäre schon seit mindestens 5 Jahren Erwartung, insofern ... nun ja.
Kr., 02.09.24 20:29
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Tags: #Rechtsaußen #Höcke #Neo-Nazis #AfD #Faschisten #Rassismus #Wahlen #Grunderechtekomitee #Menschenrechte #Parteienverbot
Erstellt: 2024-09-04 07:06:28 Aufrufe: 224
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