19.11.2018 Bits und Bäume Konferenz in Berlin

Umwelt-Aktivist*innen und digitale Menschen-rechtler zusammenbringen

Das war der Wunsch der 2-tägigen Veranstaltung Bits & Bäume, die am Wochenende in der TU Berlin stattfand. In vielen Vorträgen, Panels und Workshops konnten die Beteiligten zeigen, dass es keinen Spagat darstellt "Nerds" und "Öko-Freaks" an einen Tisch zu bringen. Manchmal gibt es verschiedenes Vokabular für ähnliche Dinge, aber im Ergebnis zeigte sich stets, dass das gemeinsame Ziel eines guten und nachhaltigen Lebens die Menschen zusammenführt.

Das vielfältige Programm von Bits&Bäume über die beiden letzten Tage können wir hier nicht wiedergeben - Jede/r schaue selbst. Der Bogen spannte sich von der großen Politik über Zivilgesellschaft, Wirtschaft bis in jeden einzelnen Haushalt. Es ging darum einerseits die Welt zu verstehen, aber vor allem sie aktiv zu gestalten. Im Programmheft lautet das so:

Wie also kann Digitalisierung zur nachhaltigen Transformation der Gesellschaft und des Wirtschaftens beitragen?
Wie kann Nachhaltigkeitsdenken die Techie-Szene inspirieren, sodass die Digitalisierung langfristig Bürgerrechte
und individuelle Freiheiten garantiert?

Wie sehen die Ergebnisse der Konferenz nun praktisch aus?

Als Datenschützer nehmen wir zur Demonstration als Beispiel unseren Lieblingsgegner Facebook. Dieses angeblich "soziale" Netzwerk hat mehr als eine Milliarde Nutzer und jede Behörde und erst recht jedes Unternehmen meint, es müsse einen Auftritt in diesem Netzwerk anbieten. Im Gegenteil!

Jede/r Nutzer/in von Facebook steht mit einem Bein im Gefängnis, denn die geschickt formulierten AGBen von Facebook übertragen die Verantwortung für die von Facebook vollzogene Weitergabe von persönlichen Daten auf jeden einzelnen Nutzer. Jede/r garantiert dafür alle seine Freunde um das Einverständnis zur Weitergabe gebeten zu haben (siehe 99% aller WhatsApp Nutzer sind Datenhehler).

Deshalb ist es zutiefst unverantwortlich, wenn öffentliche Stellen ihre Informationen über dieses Netzwerk verbreiten oder sogar ihre Beschäftigten zu Facebook's Nachrichtendienst WhatsApp zwingen. Um so etwas zu verhindern oder zumindest einzudämmen gab es auf der Bits&Bäume den Vorschlag die Kommunen und Verwaltungen vor Ort aufzufordern, einem solchen Gesetzesbruch nicht weiter Vorschub zu lieisten.

Ein fertiger Musterbrief (zumindest für Menschen aus NRW) findet sich hier als Entwurf für eine Bürgeranregungs-Kampagne "Facebook-freie Kommune".

Die Begründung ist so einleuchtend, dass es fassungslos macht, dass überhaupt Behörden mit eigenem juristischen Sachverstand auf die Nutzung von Facebook verfallen können:

Die zu Facebook Inc. gehörenden Plattformen Facebook, WhatsApp und Instagram bieten einen Service zum präsentieren und Teilen von Informationen in Schrift, Bild und Ton an. Diese Dienstleistung kann von privaten und juristischen Personen genutzt werden. Die Rechte an sämtlichen Informationen wie Texten, Bilder, Ton- oder Videoaufnahmen, die in die Dienstleistungsangebote des Unternehmens Facebook Inc. eingespielt werden, gehen vollständig in den Besitz des Unternehmens über.

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 05. Juni 2018 entschieden, dass das Anlegen einer Facebook-Seite eine Mitverantwortung für Facebooks Datenschutzverstöße begründet. Damit machte der Europäische Gerichtshof deutlich: Bereits der Einsatz eines Online-Dienstes begründet eine Mitverantwortung für dessen Datenverarbeitung. Das gilt zumindest dann, wenn die Nutzung nicht nur rein persönlichen oder familiären Zwecken dient. Um Schaden von der Stadt abzuwenden und rechtlichen Verstößen vorzubeugen, hat die Stadt unverzüglich den Auftritt bei Facebook massiv einzuschränken und die Nutzer des Auftritts auf mögliche Verstöße von Facebook Inc. gegen rechtliche Grundlagen bei Datenschutz und Datensicherheit hinzuweisen. (http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=202543&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=298398)

Die Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder bewerten in einer Stellungnahme vom 05. September 2018 die aktuelle Funktionsweise von Facebook-Seiten als nicht konform zur europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die DSGVO muss in Europa seit dem Mai 2018 eingehalten werden. Da es Facebook Inc. bis heute nicht gelungen ist, einen rechtskonformen Betrieb der Plattform Facebook sicherzustellen, steht die Stadt in der Pflicht, die Nutzung der rechtswidrigen Dienstleistung unverzüglich zu unterbinden bzw. derart zu minimieren, dass eine Unterstützung des rechtswidrigen Betriebs nicht gefolgert werden kann. (https://www.datenschutz-notizen.de/wp-content/uploads/2018/09/2018-DSK-Facebook_Fanpages.pdf)

Neben Facebook verstößt insbesondere WhatsApp massiv gegen die DSGVO. So weist u.a. der Datenschutzbeauftragte der evangelischen Kirche in Deutschland darauf hin, dass bei der Nutzung von WhatsApp das Telefonbuch auf den Geräten als Identifizierungsmerkmal verwendet wird. Damit werden personenbezogene Daten automatisch in die WhatsApp-Kontaktliste aufgeführt. Von den Personen, deren Daten damit an Facebook Inc. weitergeben werden, müsste sich der WhatsApp-Anwender nach europäischen Datenschutzregeln zunächst eine Einverständniserklärung einholen. Die katholische Kirche hat die Benutzung von WhatsApp ebenfalls untersagt. Einen Überblick über mögliche Alternativen für die Nutzung von Messenger-Diensten in der Kirche ist hier zu finden: https://www.datenschutz-notizen.de/messenger-in-der-evangelischen-kirche-3321505/

Der Plattform-Verbund von Facebook Inc. wird von zahlreichen Fachleuten als eine Gefährdung für Demokratie und Gesellschaft eingestuft. Der Internetpionier Jaron Lanier ruft in seinen jüngsten Stellungnahmen dazu auf, Nutzerkonten sofort zu löschen. Dabei geht es nicht nur um die Monopolstellung, die sich Facebook Inc. mit seinem Plattform-Verbund erobert hat. Durch unzureichende Sicherung der Daten kommt es regelmäßig zu massiven Diebstählen von personenbezogenen Informationen bei Facebook Inc.. Der Skandal um Cambridge Analytica zeigt darüber hinaus, dass Facebook Inc. beim Handel mit personenbezogenen Daten - gerade auch für Analysen, die zur Meinungsbeeinflussung der Nutzerinnen und Nutzer dienen – ein grundlegendes Geschäftsmodell erkannt hat.

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen - und es ist ein schönes Beispiel, wie man direkt vor Ort mit anderen zusammen die Welt ein wenig besser machen kann.

Veranstalter von Bits&Bäume waren u.a. der Deutsche Naturschutzring, GermanWatch, der BUND. das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung, die Open Knowledge Foundation, ...

Es gibt nun ein Buch zur "Bits & Bäume"-Konferenz vom November zu Digitalisierung und Nachhaltigkeit. https://www.oekom-crowd.de/projekte/was-bits-und-baeume-verbindet/

Mehr dazu bei https://bits-und-baeume.org/de
und der Briefvorschlag für eine Facebook-freie Kommune https://pad.riseup.net/p/Facebook-freie_Kommune
und die gesetzlichen Grundlagen dafür (am Beispiel NRW) http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?xid=146702,25i
und fast alle Videomitschnitte der Konferenz https://media.ccc.de/c/bub2018


Kommentar: RE: 20181119 Bits und Bäume Konferenz in Berlin

Die Ideen sind doch schon längst da: Vegan werden, Auto abschaffen, auf Flugreisen verzichten und Second Hand kaufen zum Beispiel.
Das Problem ist doch dieser Scheiß-Kapitalismus mit seiner bekackten Wachstumsideologie, der konsequent dagegen arbeitet, dass diese Ideen umgesetzt werden.
Und als "identitätsstiftende Idee" würde ich den Veganen Anarchismus vorschlagen.

Fr., 21.11.2018 10:14


Kommentar: RE: 20181119 Bits und Bäume Konferenz in Berlin

Es wäre auch gut schon beim programmieren an die Umwelt zu denken, und die Sicherheit natürlich.

Ba., 21.11.2018 11:34


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Tags: #Bits&Bäume #Facebook #Scoring #Cyber-Mobbing #sozialeNetzwerke #Menschenrechte #Demokratie #Umwelt #Ökologie #SmartCity #Digitalisierung #Nachhaltigkeit
Erstellt: 2018-11-19 09:51:04
Aufrufe: 1214

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