Datenpanne: Lesegeräte für E-Tickets bei der BVG werden abgeschaltet
In 900 der insgesamt mehr als 1300 Busse der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) waren die Lesegeräte schon eingebaut. Sie sollten über die "Luftschnittstelle" prüfen ob die elektronischen Tickets der Fahrgäste gültig seien.
Die Beförderungsbedingungen des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB) schreiben dazu unter § 6 folgendes vor: "Ist bei Bussen der Einstieg an der ersten, vorderen Tür zwingend vorgeschrieben, ist der Fahrausweis beim Einstieg dem Fahrpersonal unaufgefordert vorzuzeigen. Chipkarten mit EFS sind unaufgefordert an das Kartenprüfgerät zu halten, bis die Beendigung der Fahrausweisprüfung signalisiert wird."
Die BVG hatte beim Einbau der Geräte versichert, dass dabei keine persönlichen Daten gespeichert werden. Nun hat der Fahrgastverband IGEB dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) und der BVG vorgeworfen, sogar auf den elektronischen Tickets Bewegungsdaten zu speichern. Diese lassen sich mit der App „mytraQ“ für Android-Handys wieder auslesen.
Für eine Speicherung auf der Karte gibt es überhaupt keinen Zweck und bisher auch keine Verlautbarung der BVG.
Dies ist nicht der einzige Kritikpunkt an diesem elektronischen Ticket dessen Einführung seit 2012 angekündigt und Anfang 2015 begonnen wurde. Bis heute werden die Geräte in den Bussen (scheinbar bis auf Testläufe) nicht genutzt, weil
- das Lesegerät an der Eingangstür nur unwillig piepst und gelb anzeigt bis man den richtigen Winkel erwischt (also wohl eine Luftschnittstelle von wenigen Millimetern),
- Karten in Plastikschutzfolie nicht gelesen werden können,
- generell die Störanfälligkeit ein schnelles Einsteigen nicht zulässt und die Menschenschlangen beim Einsteigen nervös werden lässt.
Eine genauere Untersuchung hat ein Redakteur bei Golem durchgeführt. Auch dort wartet man auf eine Stellungnahme der BVG, denn bisher gilt noch die offensichtlich falsche Aussage "es wird nichts gespeichert".
Mehr dazu bei http://www.tagesspiegel.de/berlin/datenschutz-bei-der-bvg-lesegeraete-fuer-e-tickets-werden-abgeschaltet/12771158.html
und http://www.golem.de/news/vbb-fahrcard-busse-speichern-seit-mindestens-april-2015-bewegungspunkte-1601-118269.html
und Berliner Kurier vom 29.12.2015, S 17: Aufgedeckt: Fahrcard spioniert ihre Besitzer aus: Kontrollgeräte speichern auf dem Ticket, wann und wo die Passagiere einsteigen
Anmerkung: Wieder wurden im verschuldeten Berlin einige Millionen in den Sand gesetzt, ohne eine genaue Datenschutzprüfung und ohne ergonomische Untersuchungen über eine Anwendung, die täglich Millionen Menschen auf ihrem Weg von und zur Arbeit unzumutbar einschränkt.
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Kommentar: RE: 20151230 E-Tickets speichern Bewegungsdaten
Hallo, ich hatte mich schon im Oktober 2015 über die ergonomisch unmögliche Gestaltung der e-Tickets bei der BVG beklagt und als Antowrt nur den Hinweis auf die gültigen Beförderungsbestimmungen bekommen.
Auf die Klage zur Langsamkeit der Ablesung (wohl durch den "regen Datenaustausch") und der kurzen Distanz (<1 mm Plastikfolie) ist man nicht eingegangen. Deshalb nun ein 2. Versuch - über eine Antwort werde ich hier gern berichten ...
Re: Antwort auf 248663 An: info@bvg.de 6.1.2016 14:59
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe Ihre Antwort auf meine Kritik an den Lesegeräten für e-Tickets vor 3 Monaten unwidersprochen gelassen, weil ich nicht damit gerechnet habe, dass es eine solche Datenpanne bei Ihnen geben könnte. (Links s. unten)
Nachdem ich nun aus der Presse erfahren haben, dass diese Tickets, entgegen der Versicherung durch Sie und den VBB, doch Daten der Fahrten speichern, bin ich sehr unsicher im weiteren Vorgehen. Das Abschalten, der nach meiner Meinung praxisuntauglichen Geräte kann nur ein erster Schritt sein.
Die Speicherung von Bewegungsdaten auf einem Ticket, dass von mehreren Personen genutzt werden darf, ist nach Datenschutzgesichtspunkten eine Unmöglichkeit. Dies vor allem, wenn mit der allgemein zugänglichen Smartphone-App Mytraq jede/r dieser Menschen die Bewegungen der anderen kontrollieren kann.
Welchen Sinn sollte denn solch eine Speicherung für die BVG irgendwann einmal haben? Wie von Ihnen versichert sollen die Geräte nur die Berechtigung zum Einstieg prüfen, so dass in keinem Fall eine Zweckbindung für eine Speicherung erkennbar ist.
Auch die Geräte in den Bussen dürften höchstens eine Anzahl registrieren aber keine ID speichern. Aus meinen Arbeitsleben bei einem Telekommunikationsunternehmen, weiß ich, dass solchen Einführungen stets eine datenschutzrechtliche Prüfung vorausgeht. Dabei hätten Sie die oben genannten Fragen bereits beantworten müssen.
Ich fühle mich bestätigt, dass ich bei meinen Beobachtungen im Oktober ein untaugliches Gerät im Einsatz sah (schon wegen der sich an einem Sa. bildenden Schlangen).
Ich erwarte vollständige Aufklärung und Rückkehr zu einem Verfahren dem ich als Fahrgast vertrauen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Hammerschmidt, Berlin
Links http://www.golem.de/news/vbb-fahrcard-busse-speichern-seit-mindestens-april-2015-bewegungspunkte-1601-118269.html
https://www.aktion-freiheitstattangst.org/de/articles/5333-20151230-e-tickets-speichern-bewegungsdaten.htm
http://www.tagesspiegel.de/berlin/datenschutz-bei-der-bvg-lesegeraete-fuer-e-tickets-werden-abgeschaltet/12771158.html
Mal sehen, wie die Antwort ausfällt ...
Rainer, 07.01.2016 08:12
RE: RE: 20151230 E-Tickets speichern Bewegungsdaten
Hallo, inzwischen gibt es eine Antwort der BVG auf meinen Brief:
Sehr geehrter Herr Hammerschmidt,
vielen Dank für Ihre Nachfrage vom 06.01.2016. Gerne geben wir Ihnen Auskunft mit aktuellem Sachstand. Wir arbeiten an einer Lösung, den in den technischen Unterlagen der (((e-ticket-Deutschland beschriebenen, obligatorischen Ringspeicher (Applikationslogbuch) löschen zu können.
Bei diesem Speicher handelt es sich nach Aussagen der (((e-ticket-Deutschland um eine Servicefunktion im Sinne des Verbraucherschutzes, um den Fahrgast eine Übersicht über die letzten 10 Transaktionen der Chipkarte zu geben. Die Kontrolleinträge sind demnach vergleichbar mit dem Stempel der Fahrkartenentwerter bei Papiertickets. Als Grund der Nutzung dieses Speichers wird angegeben, dass dieses so als Kundenbeleg bei Reklamationen genutzt werden kann.
Ab voraussichtlich Anfang Februar wird über die Informationsterminals in unseren Kundencentern die Löschung dieses Speichers bei BVG-Karten möglich sein Des Weiteren haben wir den Hersteller unserer Kontrolltechnik im Omnibus angewiesen, dieses Applikationslogbuch bei Kontrollen nicht mehr mit Kontrolleinträgen zu beschreiben. Im mobilen Kontrollsystem wurde die Funktion von Anfang an nicht implementiert. Da es sich hier allerdings um eine allgemeine Funktion des (((e-Ticket-Standards handelt, können wir diese Aussage nur für die BVG-Chipkarten und -Kontrollsysteme treffen.
Wir hoffen, Ihre Fragen sind hiermit beantwortet und freuen uns, wenn Sie die Vorteile der fahrCard dennoch gut für sich nutzen können.
Mit freundlichen Grüßen
Sachbearbeiterin Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) Kundenservice FVS-B2
Na ja, selbst nach dem Abschalten der Spionagefunktion bleibt eine Karte, die beliebig langsam ist mit einem Lesegerät, welches gefühlt ab 2mm Abstand versagt. Ich kann mir die Staus im Berufsverkehr und den daraus folgenden Ärger nur zu gut vorstellen.
Rainer, 28.01.2016 17:00
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Tags: #Geodaten #Bewegungsdaten #eTickets #BVG #VBB #Verbraucherdatenschutz #Datenschutz #Datensicherheit #Ergonomie #Datenpannen #Datenskandale
Erstellt: 2015-12-30 08:49:36 Aufrufe: 2845
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