Schwere Mängel bei Behördenanfragen: Posteo fordert Stopp der Vorratsdatenspeicherung
In seinem diesjährigen Transparenzbericht übt der E-Mailprovider Posteo heftige Kritik an der Praxis von Behördenanfragen und fordert allein aus diesem Grund den Stopp der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung.
Fast alle Behördenersuchen des vergangenen Jahres genügten den gesetzlichen Bestimmungen nicht, was den Anbieter von „chaotischen Zuständen“, „insbesondere bei der Bestandsdatenauskunft nach §113 TKG“ sprechen lässt.
Behördenanfragen per E-Mail nach Bestandsdaten schickten sie Posteo ausnahmslos unverschlüsselt und verstießen damit gegen Auflagen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG).
Auch haben Beamte nicht-dienstliche E-Mail-Postfächer verwendet, um nach Auskünften zu verlangen, oder um die Herausgabe von Daten wie IP-Adressen zu bitten, was im Rahmen von Abfragen nach § 113 TKG nicht zulässig ist.
Posteo hat dazu Gespräche mit dem Landesdatenschutzbeauftragten geführt - bisher ohne Erfolg. Die Antwort des nordrhein-westfälischen Datenschutzbeauftragten dazu ist eigentlich unmissverständlich:
Gegenüber dem Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen (MIK NRW) habe ich wiederholt darauf hingewiesen, dass Anfragen in Ermittlungsverfahren grundsätzlich auf dem Postweg bzw. in begründeten Fällen auch per Fax erfolgen sollten. Wenn im Ausnahmefall eine Anfrage per E-Mail erforderlich sein sollte, so müsste entweder die Nachricht selbst verschlüsselt werden oder zumindest die Übermittlung personenbezogener Daten müsste in einem verschlüsselten Dateianhang erfolgen. Ihre Anfrage werde ich zum Anlass nehmen, diese Thematik nochmals gegenüber dem MIK NRW aufzugreifen und auf eine datenschutzgerechte Ausgestaltung der polizeilichen Ermittlungen hinzuwirken.
Auch zur Frage des Richtervorbehalts zitiert Posteo aus zwei Studien aus dem Jahr 2003, die beide zu dem Schluss kommen, dass der Richtervorbehalt in der Praxis wenig effektiv zu sein scheint. Das Max-Planck-Institut etwa konstatierte, dass nur in absoluten Ausnahmefällen einer beantragten Überwachungsmaßnahme nicht stattgegeben wurde. Die Richter haben für die Einzelprüfung viel zu wenig Zeit.
Aus Daten des Berliner Senat geht hervor, das seit 2007 kein einziger Antrag auf Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) abgelehnt wurde, wobei gleichzeitig die Anzahl der Anträge steil nach oben ging.
Mehr dazu bei https://netzpolitik.org/2015/schwere-maengel-bei-behoerdenanfragen-posteo-fordert-stopp-der-vorratsdatenspeicherung/
und https://posteo.de/site/transparenzbericht_2014
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Erstellt: 2015-08-21 22:06:17 Aufrufe: 1771
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