19.11.2015 Geheimdienste fordern "Hintertüren"

Geheimdienste starten nach Paris-Terror Angriff auf Verschlüsselung

"Wir wissen es noch nicht, aber ich glaube, dass wir erfahren werden, dass [die Angreifer] diese verschlüsselten Apps verwendet haben", so der ehemalige stellvertretende CIA-Chef Michael Morell.

Bei der Arbeit versagen und dann "vermuten", dass die Bürgerrechtler eine Mitschuld tragen. Morell wird noch deutlicher: Schuld an der zunehmenden Verschlüsselung von Online-Kommunikation sei Edward Snowden und die von ihm losgetretene Debatte.

Die von den Geheimdienstler wieder aufgestellte Forderung nach "Hintertüren" in Verschlüsselungssoftware würde nichts gegen zusätzliche selbstgenutzte alternative Verschlüsselungslösungen ausrichten, meint man etwa bei der Electronic Frontier Foundation. Getroffen wird mit diesen "Hintertüren" nur der normale Nutzer und das Unternehmen welches die "Hintertüren" einbaut, denn diese können auch von "normalen" Kriminellen genutzt werden.

Mehr dazu bei http://derstandard.at/2000025881134/Paris-Attentate-Geheimdienste-starten-Angriff-auf-Verschluesselung


Auch sehr lehrreich:

"Geheimdienste versagen gegen Terror immer"

Gründe für Versagen waren nie Verschlüsselung, sondern selbst gemachter Datenoverkill und notorische Defizite bei Fremdsprachen, sagt Geheimdienstexperte James Bamford. Es ist die übliche Strategie der Dienste, von den eigenen Fehlern mit Forderungen nach noch mehr Daten abzulenken.

Wie im Fall Charlie Hebdo waren die Attentäter den Behörden bereits davor als gewaltbereite Extremisten aufgefallen, die enge Kontakte zur IS-Terrortruppe in Syrien unterhielten. Dass sie in der Folge dennoch völlig ungehindert morden konnten, ist wie bei den Anschlägen auf das World Trade Center 1993, wie beim "Unterhosenbomber" bis zu den Attentätern auf den Marathon von Boston 2013. In all diesen Fällen  waren zumindest die Masterminds der Terroristen bereits bekannt gewesen.

Mehr dazu bei http://fm4.orf.at/stories/1764708/


Und wie verhält es sich mit dem Verhältnis von Grundrechten zur "Sicherheit"?

Kai Biermanns Untersuchung zum Supergrundrecht

Grundrechte heißen Grundrechte, weil sie allem zugrunde liegen, was wir unter dem Begriff Rechtsstaat verstehen. Sie sind die Basis, das Fundament. So etwas muss man sprachlich nicht überhöhen, denn was kann wichtiger sein als der Boden, auf dem alles ruht? Eben. Innenminister Hans-Peter Friedrich hat trotzdem versucht, den Begriff zum S. zu übertreiben. „Sicherheit ist ein Supergrundrecht“, hat er nach einer Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages gesagt. Sie sei im Vergleich mit anderen Rechten herauszuheben. Friedrich muss also einen Grund (haha) dafür gehabt haben, eine Hyperbel zu verwenden. Hatte er auch. Er wollte verschleiern, dass er erstens nicht die Sicherheit der Bürger meint und dass Sicherheit zweitens gar kein Grundrecht ist. Unsere Grundrechte sind sogenannte Abwehrrechte: Sie sollen den einzelnen und damit per se schwachen Bürger vor der Macht des Staates und seiner Organe schützen. Daher ist im Grundgesetz oft von Freiheit die Rede, aber kaum von Sicherheit. Die Sicherheit kommt in all den Artikeln nur sechs Mal vor und jedes Mal geht es dabei um die Sicherheit des Staates, nie um die der Bürger.

Die Freiheit hingegen wird im Grundgesetz 35 Mal erwähnt und gemeint ist immer die Freiheit des Einzelnen. Friedrichs Behauptung war also eine Lüge, die mit einer noch größeren Lüge kaschiert werden sollte. Eine klassische Taktik. Roland Koch hat sie berühmt gemacht, als er nicht nur Aufklärung versprach, sondern gleich brutalstmögliche Aufklärung und nichts davon ernst meinte.

Der Innenminister geht sogar noch weiter und dreht das gesamte Grundgesetz um. Denn dadurch, dass er Sicherheit im Zusammenhang mit den Grundrechten nennt, suggeriert er, es gehe um die Sicherheit der Bürger. Allerdings sagte Friedrich seinen Satz als Rechtfertigung eines Überwachungsprogramms. Es geht also darum, dass der Staat seine Bürger besser beobachten kann, um seine Informationshoheit und seine Macht zu sichern.

Lustigerweise hat Friedrich mit seiner kurzen Bemerkung nicht nur das Grundgesetz verdreht, sondern auch gleich noch belegt, dass er es gar nicht kennt. Denn es gibt tatsächlich ein Supergrundrecht, ein Grundrecht also, das über allen anderen steht:

Es ist die Menschenwürde. Sie ist das einzige Grundrecht, das nicht durch Gesetze eingeschränkt werden kann, sie ist, wie es im Text heißt, „unantastbar“. Und wollen Sie noch einen interessanten Fakt dazu hören? Aus eben dieser Menschenwürde ist das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme abgeleitet, das besagt, dass man darauf vertrauen können muss, von den eigenen technischen Geräten nicht überwacht zu werden.

Quelle: Juli 2013, http://neusprech.org/supergrundrecht/


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Erstellt: 2015-11-19 07:54:38
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