21.09.2017 Am Sonntag gegen den allwissenden Staat abstimmen!

Am Sonntag Grundrechte wählen!

An den letzten drei Tagen hatten sich unsere Arbeitsgruppen "Zensur und Informationsfreiheit" in ihrem Artikel "CETA kann auf dem Scherbenhaufen der Grünen blühen" , die Arbeitsgruppe "Schule ohne Militär" mit dem sehr langen Artikel "Ohne Frieden ist alles nichts!" und die Arbeitsgruppe "Flucht & Migration" mit dem Aufruf sich zur Unterstützung von flüchtenden Menschen seinen Abgeordneten zu schreiben und zu fordern. Flüchtlings- und Menschenrechte-verteidigen! Anlässlich der bevorstehenden Bundestagswahl sind die Politiker zur Zeit recht empfänglich für Anfragen von ihren Wählern. Heute hat die Arbeitsgruppe "Polizei & Geheimdienste" dazu Gelegenheit sich in den laufenden Wahlkampf einzumischen.

Wir haben bereits im Frühjahr damit angefangen unsere Fragen an die Politiker zu formulieren und haben diese Wahlprüfsteine dann an die Kandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien verschickt.  Ihre Antworten sind hier zusammengestellt und dort findet sich auch der an die Politker verschickte Fragebogen. Auf dieser Seite ist bereits das Kapitel "Die Auswertung" vorgesehen.

Diese Auswertung wollen wir auch hier ausbreiten, denn die Antworten machen nach unseren Ansichten für die Wahl am Sonntag nur zwei Parteien möglich.

Auswertung zum Fragebogen

Cyberkriminalität

Im Zuge der verstärkten Angriffe durch Cyberkriminelle auf zivile Datenbanken und Infrastrukturen zeigen sich immer größere Gefahren bei der zentralen Datenspeicherung. Eine der besten Möglichkeiten der Datensicherheit ist die Datensparsamkeit. Wie stehen sie zur Forderung nach mehr Datensparsamkeit?

Während sich Bündnis90/Grüne und Linke eindeutig für das Prinzip der Datensparsamkeit aussprechen,  betont die SPD die Zweckbindung und die mögliche wirtschaftliche Nutzung von pseudonymen und anonymen Daten. CDU/CSU wiederum will Daten qualitativ bewerten und wendet sich lieber Smart Data zu.

Wie kann Datensparsamkeit im Sinne des §3a BDSG forciert und gefördert werden?

Konkrete Antworten kommen auch hier seitens der Bündnis90/Grünen, die sich für Privacy by Design aussprechen. Die SPD weist uns zusätzlich auf Gesetzesregelungen und Marktthemen hin. Die CDU/CSU spricht sich für das Befolgen der Gesetze aus, ohne auf die Frage zu antworten. Die Größe der Problematik erkennen die Linken und weisen auf das Thema der Erhebung und Speicherung von Daten hin, das noch völlig ungelöst ist.

Identitätsdiebstahl und Umkehrung der Unschuldsvermutung

Im Falle von Identitätsdiebstahl (Biometrische Daten, Finanzdaten, Gesundheitsdaten) können False Positives das Leben der Bürger massiv schädigen, finanzielle Verluste, Wohnung und gesellschaftliches Ansehen können zerstört werden. Welche juristischen Möglichkeiten haben geschädigte Bürger zur ihrer Rehabilitation und zur Wahrung ihrer Menschenwürde? Welche Instanzen planen sie zu stärken, um Geschädigte und Opfer zu schützen? Unterstützen sie das Prinzip der Unschuldsvermutung?

Die Grünen/Bündnis90 stellen fest, dass es keine effektiven Lösungen gibt. Während Linke und Grüne nützliche Hinweise für Betroffene geben sowie Forderungen und Ideen zur Verbesserung der Situation aufzeigen und das Problem offenbar erkannt haben, zeigt die SPD kein Verständnis für die Frage und ist an einer generellen Lösung nicht interessiert. Im Gegenteil, es wird auf Einzelfalllösungen hingewiesen und die Fragen werden zu Lasten der Betroffenen offen gelassen.  Da hilft auch nicht der Hinweis darauf, wie wichtig die Unschuldsvermutung für das deutsche Recht ist. Überraschend ist hier die einzige Antwort der CDU/CSU zum gesamten Frageblock, die eine Prüfung zur Einsetzung eines bundesweiten Opferbeauftragten in den Raum stellt.

Big Data

Ohne Zustimmung und Wissen der Betroffenen werden diverse personenbezogenen Daten erhoben und gespeichert. Dies verstößt gegen viele Rechtsnormen. Ausländische Konzerne umgehen deutsche Rechtsnormen durch den Sitz des Unternehmens in anderen Staaten. Wie möchten Sie den deutschen Rechtsnormen Relevanz verleihen?  Welche Initiativen haben Sie dafür geplant?

Während Bündnis90/Grünen und Linke EU-Abkommen, Kartellrecht, Zertifizierungen, Datenverarbeitungstransparenz und weitere Vorschläge einbringen, verweist die SPD auf das Marktortprinzip und höhere Bußgeldrahmen, die wohl Großunternehmen kaum betreffen. Die CDU/CSU sieht hier die „Vereinheitlichung“ von Regelungen und nennt die notwendige Ahndung von Rechtsverstößen. Konkrete Initiativen werden seitens der Grünen genannt. CDU/CSU verlassen sich auf die neuen Gesetze (EU-Datenschutzgrundverordnung 2016) und sehen keinen Handlungsbedarf.

Anonyme Kommunikation

Derzeit ist es in Deutschland erlaubt aber nur schwer bis unmöglich, das Internet anonym zu nutzen. Datenhandel und illegale Datenmanipulation gefährdet die Sicherheit der Bürger und führt zu false positives. Wie stehen Sie zur anonymen Internetnutzung und zur gesetzlichen Erhaltung derselben?

Während sich die Grüne/Bündnis90 für die Erhaltung von Anonymität aussprechen und die Linke richtigerweise darauf verweist, dass „es muss weiterhin möglich sein, das Internet auch anonym zu nutzen“ und die SPD die derzeit in Gefahr stehende Regelung über anonyme bzw. pseudonyme Nutzung des Internet in § 13 Telemediengesetz (TMG) hervorholt und sich zusätzlich für verschlüsselte Kommunikation ausspricht, sehen CDU/CSU „kein grundsätzliches Recht auf Anonymität“. CDU/CSU schwingen dann die große Keule mit der Behauptung „Straftaten, die im oder durch das Internet begangen werden, sind regelmäßig nicht Folge einer mangelnden Anonymität im Internet, sondern gerade Ausdruck der Tatsache, dass auch Straftäter das Internet anonym nutzen können.“ Daraus lässt sich ableiten, dass CDU/CSU den § 13 Telemediengesetz (TMG) abschaffen wollen sobald sie dafür die Mehrheit hätten.

Wir können die Bedeutung des Begriffs „Datenreichtum“ , der von Angela Merkel im letzten Jahr eingeführt wurde, anhand der Antworten der CDU/CSU deutlich erkennen. Die Fragen, die wir stellten jedoch wurden kaum beantwortet. Über die langen Ausführungen der SPD haben wir uns zwar gefreut, erkannten jedoch im Verlauf, dass sie mit überwiegend Gesetzeserläuterungen und Hinweisen zu den neuen Gesetzen versehen waren, die uns natürlich bekannt sind. Wir als Datenschutzverein, der sich für die Interessen diverser Bürger auf vielfachen Ebenen einsetzt, empfinden diese mangelnde Empathie als anmaßend und wünschen uns an der Stelle mehr Kompetenz.   

Die Aussage, die wir auf zahlreichen Plakaten der CDU/CSU finden „Videoüberwachung ist nicht das Problem sondern eine Lösung.“ ist nicht nur anmaßend, sondern negiert völlig die Existenz der Grundrechte, die wir kennen und verteidigen.  So finden wir das Vorhaben, mit der Angst von Menschen Volksbegehren im Rahmen einer Wahl zu instrumentalisieren, überaus abartig und schädlich für die Demokratie. Attentate werden mittlerweile regelmäßig benutzt, um nicht nur Wahlen sondern auch fragwürdige Volksentscheide mit doppeldeutigen Inhalten zu rechtfertigen. Das ist alles Andere als menschlich und respektvoll.

Bei der Auswertung der Wahlprüfsteine sind die vollkommen unterschiedlichen Ansätze zu Datenschutz- und Grundrechtspolitik von einerseits Grünen/Bündnis 90 und Linke gegenüber denen der  CDU/CSU zu erkennen.

Funktion technischer Geräte - Smart Home und Haftungsfragen

Wie können Sie im Falle von eCall und (verpflichtenden) PKW-Telematiksystemen die informationelle Selbstbestimmung des Menschen schützen und gewährleisten? Was werden Sie zur Stärkung von Verbraucherrechten in solchen Fällen tun?

Auch in diesem Aspekt sehen wir bei Grünen/Bündnis 90 und Linke ein Verständnis für die sich entwickelnde Problematik, während die SPD uns mit z.B. „Änderung des Straßenverkehrsgesetzes“ die Besorgnis vor den neuen Techniken nehmen will. CDU/CSU haben kein Problem, da sie jede „Datenweitergabe grundsätzlich an die vorherige Zustimmung des jeweiligen Nutzers“ gebunden sehen – also wer die neuen Techniken aufgedrückt bekommt muss halt zustimmen, um z.B. sein Auto fahren zu können.

Überwachungsdrohnen & Transportdrohnen

Wie stehen Sie zu Überwachungsdrohnen, Transportdrohnen im öffentlichen Raum? Was planen Sie zum Schutz der Bevölkerung vor der privaten und öffentlichen Überwachung durch Drohnen?

Auch hier sieht die CDU/CSU nur „Potenzial und Chancen – ihr Einsatz erfordert aber auch klare Regeln“ - aber welche? Auf jeden Fall möchten sie „Betriebsverbote [für Drohnen] über besonders sensiblen Bereichen, wie Einsatzorten von Polizei und Rettungskräften …

Gesetz zur Förderung des elektronischen Identitätsnachweis und Pilotprojekte und Tests zur Erfassung und Zuordnung biometrischer Daten im öffentlichen Raum

Wie werden Sie sicherstellen, dass auch künftig die Abgabe des Fingerabdrucks für den elektronischer Personalausweis freiwillig bleibt? Wie werden Sie sicherstellen, dass die Daten auf den RFID-Chip des elektronischen Reisepasses nicht beliebig (Extended Access Control) sondern nur bei physischem Zugriff gelesen werden können?
Ist es möglich, medizinisch nicht notwendige Körpervermessung abzulehnen? Wie stehen Sie zur automatisierten Identitätserkennung und von einer Verhaltensinterpretation (crime prediction)? Welche ethischen Standards zu dieser Form der Datenerfassung werden gesetzt? Wie ist die Freiwilligkeit geregelt? Wie können sich Bürger, die nicht erfasst werden wollen, vor diesem Pilotprojekt schützen? Wie bewerten Sie diesen Umgang mit Grundrechten?

Hier sind SPD und CDU/CSU mit den bestehenden Regelungen voll zufrieden und erklären jede Diskussion mit dem (leider zustimmenden) EUGh Urteil zum Fingerabdruck für erledigt.

Zur angeblich „intelligenten“ Videoüberwachung verweist die CDU/CSU auf den „unverzichtbaren Beitrag für mehr Sicherheit in unseren Städten. Intelligente Gesichtserkennungssysteme könnten zukünftig noch wesentlich bessere Ergebnisse bringen. “

Das fürchten wir auch uns sind deshalb mit der Meinung der Grünen/Bündnis90 und der Linken konform, die „der Legalisierung solcher Verfahren wie auch der Gesichtserkennung zur Beobachtung öffentlicher Räume kritisch gegenüber stehen.“

Gesundheitskarte und zentrale Datenspeicherung und Krankenversicherungsnachweis

Wer soll nach Ihrer Ansicht nach welchen Kriterien einen Zugriff in dem erweiterten Netz der Krankenkassen erhalten? Wie kann eine Behandlung eines Versicherten ohne eine Karte/ Nachweis einer Versicherung und außerhalb eines Notfalls garantiert werden? Ist auch künftig eine Behandlung eines Versicherten ohne eine Karte noch möglich?

Mit der elektronischen Gesundheitskarte haben sich alle Parteien arrangiert aber die Linke fordert wenigstens noch „Sonderwege wie der anonyme Krankenschein für Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus.“

Datenhandel 1+2

Warum muss ich mich einem privaten Kontrollunternehmen unterwerfen und einer Überprüfung zustimmen? Was passiert hier mit meinen Daten? Wie stehen Sie zum Datenhandel durch Schufa und Inkassounternehmen?

Außer CDU/CSU sehen alle Parteien Gefahren durch Schufa und andere Datenhändler. Allerdings wagt sich keine Partei ernsthaft gegen diese privatwirtschaftlichen Datenhändler vorzugehen.

Netzneutralität + Online-Überwachung (DPI)

Wie wollen sie Netzneutralität gewährleisten? (insbesondere nach deren faktischer Abschaffung in den USA)Wie wollen sie Netzneutralität gewährleisten? (insbesondere nach deren faktischer Abschaffung in den USA) Was ist die Rechtsgrundlage für Deep-packet-inspection? Was wollen Sie gegen diese Tiefenkontrolle des Datenstroms unternehmen?

Zur Wahrung der Netzneutralität haben Grüne/Bündnis90 und die Linke auf verschiedenen politischen Ebenen Gesetzesinitiativen eingebracht. Auch die SPD will sich dafür einsetzen, nur die CDU/CSU hält die bestehenden Vorschriften für ausreichend und Deep Packet Inspection kann nach ihrer Ansicht nur aus „technischen Gründen“ stattfinden. Auch die SPD ist der Meinung, dass „der Zugriff auf Kommunikationsinhalte vollständig ausgeschlossen ist.“

Whistleblower-Schutz

Werden Sie sich für eine Richtlinie/Verordnung zum Schutz von Whistleblowern einsetzen? Werden Sie ein Asylangebot für Edward Snowden unterstützen?

Regelungen zum Whistleblower-Schutz halten alle Parteien außer CDU/CSU für notwendig. Letztere meint auch, dass man sich nicht für Asyl für Edward Snowden aussprechen kann, da dieser bisher keinen Asylantrag gestellt hat – wie sollte er auch, wenn ihm die keine Sicherheit für seine Person zugesichert wird ...

Mehr dazu bei https://www.aktion-freiheitstattangst.org/de/articles/6135-20170924-erste-antworten-auf-unsere-wahlpruefsteine.htm

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Erstellt: 2017-09-21 21:36:10
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